Photovoltaikanlage: Anmeldefrist beim Finanzamt

Schafft ein Unternehmer einen Gegenstand an, den er teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch nutzt, darf er diesen Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen, wenn er ihn zumindest zu 10% für unternehmerische Zwecke nutzt. Er muss seine Entscheidung über die Zuordnung erkennbar und zeitnah treffen. Die Zuordnung muss spätestens bis zur gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Erklärungen erfolgen (im Streitfall bis zum 31.5. des Folgejahres).

Die Dokumentation der Zuordnung setzt keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde voraus. Liegen innerhalb der Dokumentationsfrist Anhaltspunkte für eine Zuordnung vor, die nach außen hin objektiv erkennbar sind, können diese der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden. Die Tatsache, dass im Lauf des Jahres, in dem eine Photovoltaikanlage erworben wurde, ein Vertrag mit dem Recht zum Weiterverkauf des gesamten von der Anlage erzeugten Stroms zuzüglich Umsatzsteuer abgeschlossen wurde, ist ein Indiz dafür, dass der Steuerpflichtige die Photovoltaikanlage dem Unternehmen voll zugeordnet hat.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger erwarb im Jahr 2014 eine Photovoltaikanlage. Den seit 22.09.2014 erzeugten Strom verbrauchte er teilweise selbst. Teilweise speiste er ihn in das Stromnetz eines Netzbetreibers ein. Der Einspeisevertrag mit dem Netzbetreiber vom 25.09.2014 sieht für den gelieferten Strom eine Vergütung pro kWh zuzüglich Umsatzsteuer vor. Entsprechend rechnete der Netzbetreiber in einer Gutschrift vom 19.1.2015 die ausgeführten Stromlieferungen des Klägers ab. Der Kläger gab zunächst weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch sonstige Erklärungen zu den Ausgangs- und Eingangsumsätzen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage sowie den unentgeltlichen Wertabgaben ab. Am 29.2.2016 reichte er eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2014 ein und zog darin u.a. die in der Rechnung vom 11.9.2014 offen ausgewiesene Umsatzsteuer für den Erwerb der Photovoltaikanlage als Vorsteuer ab.

Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug für die Photovoltaikanlage, weil der Kläger nicht rechtzeitig (bis zum 31.5. des Folgejahres) eine Zuordnungsentscheidung getroffen hatte. Das Finanzgericht Baden-Württemberg wies die Klage ab, in der der Kläger vortrug, er habe mit Abschluss des Einspeisevertrags seine Zuordnungsentscheidung nach außen dokumentiert. Das Finanzgericht ging davon aus, dass der Kläger die Photovoltaikanlage nicht rechtzeitig seinem Unternehmen zugeordnet habe. Der Kläger hätte die Zuordnung gegenüber dem Finanzamt dokumentieren müssen.

Der Unternehmer muss im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung eines Gegenstandes entscheiden, ob er ihn seinem umsatzsteuerlichen Unternehmen zuordnet. Er muss seine Zuordnung erkennbar und zeitnah treffen, z. B. indem er die Vorsteuer geltend macht. Der BFH hat auf der Basis des EuGH-Urteils vom 14.10.2021 (C-45/20 und C-46/20) entschieden, dass der Unternehmer zwar von vornherein klar und deutlich zum Ausdruck bringen muss, ob und in welchem Umfang ein Gegenstand dem umsatzsteuerlichen Unternehmen zugeordnet werden soll. Diese Zuordnung muss spätestens bis zur gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Erklärungen erfolgen (im Streitfall bis zum 31.5. des Folgejahres). Die Dokumentation der Zuordnung setzt keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde voraus. Liegen innerhalb der Dokumentationsfrist Anhaltspunkte für eine Zuordnung vor, die nach außen hin objektiv erkennbar sind, können diese der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden. Das ist hier der Fall, weil der Kläger nach § 2 Abs. 1 des Einspeisevertrags berechtigt ist, die gesamte elektrische Energie, die in seiner Stromerzeugungsanlage erzeugt wird, in das Netz des Netzbetreibers einzuspeisen. Damit ist es im Wege der Auslegung des Einspeisevertrags auszuschließen, dass der Kläger nur eine anteilige Zuordnung vornehmen wollte.

Ergebnis: Eine Absicht der 100%igen Zuordnung zum umsatzsteuerlichen Unternehmen kann auch "implizit" (konkludent) zum Ausdruck kommen. Eine Mitteilung an das Finanzamt bis zur gesetzlichen Abgabefrist der Umsatzsteuer-Jahreserklärungen ist jedoch dann erforderlich, wenn es keine objektiv erkennbaren Anhaltspunkte für eine Zuordnung zum Unternehmen gibt. Eine Zuordnung zum Unternehmen kann nämlich nicht unterstellt werden. Im Zweifel sollte daher die Zuordnung bis zur gesetzlichen Abgabefrist der Umsatzsteuer-Erklärung dem Finanzamt mitgeteilt werden.

Quelle:BFH| Urteil| XI R 29/21 (XI R 7/19)| 03-05-2022