Umsatzsteuer: Keine Befreiung für Kampfsportschulen

Das Finanzgericht des Saarlandes hat entschieden, dass für Umsätze aus dem Betrieb einer privaten Kampfsportschule, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird, keine Umsatzbefreiung infrage kommt.

Praxis-Beispiel:
Das saarländische Wirtschaftsministerium bestätigte der klagenden privaten Kampfsportschule für die  Jahre 2016 und 2017, dass sie berufsbildende Maßnahmen ordnungsgemäß durchführe. Hierin wurde bestätigt, dass sie unter anderem berufliche Fortbildungen anbiete (für Polizei, Sicherheitspersonal, Pflegepersonal, pädagogisches Personal). Die Klägerin machte daher geltend, dass ihre Umsätze nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) UStG bzw. nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (mit Verweis auf BFH, Urteil v. 28.5.2013, XI R 35/11) steuerfrei seien. Das Finanzamt behandelte die Umsätze der Klägerin jedoch als steuerpflichtig.

Das Finanzgericht entschied trotz der vorliegenden Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, dass es sich bei deren Unterricht nicht um eine unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistung im Sinne von § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG handelt. Entscheidend ist insoweit, dass der Kampfsportunterricht nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.

Die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL greift nicht 

  • ohne Nachweis, in welchem Umfang Umsätze aus Kursen herrühren, deren Kursteilnehmer diese für eine spätere Berufstätigkeit nutzen oder dies anstreben.
  • Schädlich ist auch die Gewinnerzielungsabsicht der Kampfsportschule. Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 23 UStG (Erziehung von Kindern und Jugendlichen) setzt den Nachweis voraus, dass die Kampfsportschule z. B. tatsächlich bei schwer erziehbaren Jugendlichen eine Aggressionskanalisation sowie Gewaltbeherrschung gelehrt hat.

Hinweis: Nach Auffassung des Finanzgerichts sind die Umsätze der Kampfsportschule nicht steuerfrei, weil sie nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden. Die Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen sind nur dann steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Die durch die zuständige Landesbehörde erteilte Bescheinigung bindet als Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10 AO das Finanzamt und das Finanzgericht hinsichtlich der Frage, ob die in Rede stehende Einrichtung als solche auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Die Beurteilung der übrigen Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) UStG obliegt aber der Finanzverwaltung bzw. dem Finanzgericht.

Beurteilung der Leistungen
Zwar lagen im Streitfall für die Streitjahre Bescheinigungen der zuständigen Landesbehörde vor, wonach die Klägerin auf einen Beruf vorbereite. Jedoch handelt es sich bei dem von der Klägerin erteilten Unterricht nicht um eine unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistung privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen. Für das Finanzgericht war nicht erkennbar, ob und ggf. in welchem Umfang die Klägerin Kurse für schulische Einrichtungen oder Universitäten durchgeführt hat. Unabhängig davon fehlt es bei einer Kampfsportschule an der Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen (vgl. auch Niedersächsisches FG, Urteil v. 20.2.2020, 11 K 170/19). Das Kursangebot ist vielmehr auf die Vermittlung von Spezialkenntnissen ausgelegt. Zwar sind neben dem Schul- und Hochschulunterricht auch die Aus- und Fortbildung sowie die berufliche Umschulung steuerfrei. Jedoch hat im Streitfall die Klägerin nicht dargelegt, in welchem Umfang in den Streitjahren Umsätze aus Kursen herrührten, deren Kursteilnehmer diese für eine spätere Berufstätigkeit nutzten oder dies anstrebten.

Auch waren die von der Klägerin behaupteten beruflichen Fortbildungsmöglichkeiten etwa für Polizei, Sicherheitspersonal, Pflegepersonal etc. nicht nachgewiesen. Nach Art. 133 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten die Gewährung der Befreiungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MwStSystRL für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, im Einzelfall davon abhängig machen, dass die betreffenden Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben dürfen. Dies ist jedoch im Streitfall nicht ersichtlich.

Nach dem BFH-Urteil vom 28.5.2013, XI R 35/11, könnte eine Kampfsportschule steuerfrei sein. In der Folgeentscheidung zum EuGH, Urteil v. 14.3.2019, C-449/17 (A & G Fahrschul-Akademie) schloss sich der BFH allerdings der geänderten strengeren EuGH-Rechtsauffassung an (BFH Urteil vom 23.05.2019 – V R 7/191210 und BFH Urteil vom 16.12.2021 – V R 31/21).

Wann Leistungen steuerfrei sind
Die Steuerfreiheit (§ 4 Nr. 22 Buchst. a) UStG) gilt nur für juristische Personen des öffentlichen Rechts, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, Volkshochschulen oder Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen. Dies ist bei der privaten Kampfsportschule in Form einer GbR nicht gegeben. Hinsichtlich der Befreiung des § 4 Nr. 23 Buchst. a) UStG fehlt der Nachweis, dass sie tatsächlich bei schwer erziehbaren Jugendlichen Aggressionskanalisation sowie Gewaltbeherrschung gelehrt hat.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Saarland, 2 K 1180/20| 23-10-2024