Das Finanzgericht als Tatsacheninstanz hat zu entscheiden, welche Schätzungsmethode geeignet ist, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen. Das Finanzgericht hat darzulegen, dass und wie es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat.
Praxis-Beispiel:
Bei einem Gastronomiebetrieb (GbR) wurden im Rahmen einer Betriebsprüfung Zuschätzungen vorgenommen. Die GbR wandte sich gegen die Höhe der vom Finanzamt vorgenommenen Hinzuschätzungen. Sie beantragte, die Gewinnfeststellungsbescheide so zu ändern, dass lediglich ein zusätzlicher Erlös von netto 100.000 € und Wareneinkauf von 20.000 € je Kalenderjahr als Hinzuschätzungsbetrag in Ansatz gebracht wird, weil die vom Finanzamt angewendete Schätzungsmethode nicht sachgerecht sei. Das Finanzamt habe sich auf zwei Z-Bons aus dem Jahr 2012 gestützt, die nicht von der Außenprüfung erfasst waren. Bei der Schätzung, die über den höchsten Sätzen der Richtsatzsammlung lag, wurde keine der gebräuchlichen Schätzungsmethoden angewendet. Lediglich zwei Z-Bons könnten eine repräsentative Nachvollziehbarkeit von Umsätzen für einen Prüfungszeitraum, welcher insgesamt 3.515 Werktage umfasse, nicht gewährleisten. Die beiden Z-Bons seien daher kein geeignetes Beweismittel und keine Grundlage für eine sachgerechte Schätzung für den gesamten Prüfungszeitraum.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen die gewonnenen Schätzungsergebnisse schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Es sind alle möglichen Anhaltspunkte, wie z. B. das Vorbringen des Steuerpflichtigen oder eine an sich fehlerhafte Buchführung, zu beachten. Es sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um im Rahmen des Zumutbaren die Besteuerungsgrundlagen wenigstens teilweise zu ermitteln. Der BFH hat wiederholt den Grundsatz bestätigt, dass das Finanzamt in der Wahl seiner Schätzungsmethoden frei ist. Es ist Sache der Tatsacheninstanz zu entscheiden, welcher Schätzungsmethode sie sich bedienen will, wenn diese geeignet ist, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen. Deshalb ist es aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass bezüglich der Hinzuschätzung der Erlös als Schätzungsmethode einen internen Betriebsvergleich unter Anknüpfung an die bei der GbR aufgefundenen Z-Bons gewählt wurde.
Die Schätzungsmethode des internen Betriebsvergleichs muss allerdings im Einzelfall gewährleisten, dass bei der Schätzung ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis erzielt wird. Das gewonnene Schätzungsergebnis ist nur dann schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig, wenn feststehende Tatsachen berücksichtigt werden. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts verfügte die GbR über 50 Sitzplätze und einen nur im Sommer geöffneten Außenbereich. Die bei der GbR gefundenen Z-Bons für Samstag, den 25.08.2012, und für Montag, den 27.08.2012, betreffen beide den August, also einen typischen Sommermonat. Aufgrund der Feststellungen des Finanzgerichts muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Belege eine Zeit betreffen, in denen auch der Außenbereich der Gaststätte der GbR geöffnet war. Das Finanzamt hat hingegen ausdrücklich ausgeführt, den Außenbereich bei seiner Berechnung der Nettoumsätze nicht berücksichtigt zu haben. Das Finanzgericht hat keine Feststellungen zur Auslastung des Außenbereichs und dessen Gewichtung im Verhältnis zum Innenbereich im August 2012 getroffen. Erfahrungsgemäß weist die Außengastronomie in einem Sommermonat regelmäßig eine hohe Auslastung auf. Das Finanzgericht wird daher eine weitere Überprüfung vornehmen müssen.
Die Befugnis des Finanzamts zur Schätzung wird nicht bestritten. Allerdings hätte das Finanzgericht hinsichtlich der Schätzung des Wareneinsatzes und des Ansatzes der Rohgewinnaufschlagsätze, die über den höchsten Sätzen der Richtsatzsammlung lagen, auf ihre Berechtigung hin prüfen müssen. Es bedarf noch einer näheren Würdigung des Finanzgerichts, inwieweit die GbR in gravierender Weise gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buch- und Kassenführung verstoßen habe. Formelle Buchführungsmängel berechtigen nach ständiger Rechtsprechung nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln. Das Finanzgericht hat die Schätzung des Finanzamts daher hinsichtlich der erzielten Erlöse zu Unrecht als in sich schlüssig und deshalb rechtmäßig beurteilt.